Holtenauer Geschichte

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Das versunkene Fresendorf

Das ehemalige Dorf (wüste Dorfstätte), das Holtenau gegenüber auf der Südseite der Levensau lag, fiel der Kanalerweiterung von 1907-14 zum Opfer. Es gehörte einstmals der Familie Knoop1, die es 1356 an das Kieler Heilig-Geist-Haus verkaufte. Noch um 1850 konnte man die Reste des untergegangenen Dorfes auf der Wiker Feldmark erkennen.

Karte Holtenaus und der Wik Abb.: Karte Holtenaus und der Wik vor 1910. Südlich der Schleusen sieht man noch das durch den Bau der Neuen Schleusen zerstörte Fresendorf.

Der Wiker Pastor und Heimatforscher Otto Clausen schreibt dazu in seiner Geschichte der Wik das Folgende:

Das Dorf Wik hatte im Mittelalter einen Nachbarn, ein kleines Dorf von besonderem Typ, zwischen der Wik und der Mündung der Levensau auf dem hohen Ufergelände gelegen. Wer die Wik etwa um 1900 gekannt hat, erinnert sich gewiß, daß südlich der Nordostseekanalmündung eine bewaldete Höhe aufragte mit einem Landhaus, das von einem kleinen Turm gekrönt war und vom Wasser aus gesehen eine charakteristische Silhouette bot. Dort oben lag in mittelalterlicher Zeit ein Dorf mit dem Namen "Fresendorp". Auf älteren Karten und in Grundbüchern findet man noch bei Höhe 20 den Namen Fresendorf eingetragen, auch wohl "Dorfstelle" oder "Dörpstedt", das Gelände als "Dörpstedtwisch" oder "Fresendorfkamp" bezeichnet - alles Hinweise auf das ehemalige Dorf.

Fresendorf war im Mittelalter sozusagen ein Nachbardorf des Wiker Dorfes gewesen und befand sich auf dem hohen südlichen Ufergelände an der Mündung der Levensau. Im Mittelalter “Fresendorp” bzw. "Vresendorpe" (= Dorf der Friesen) gehießen, ließen sich an dieser Stelle wohl Friesische Kolonisten nieder, die die Holsteiner Grafen ins Land gerufen hatten. Nach 1300 kam Fresendorf in den Besitz des Gutes Knoop, jedoch schon 40 Jahre später (1336) wechselte es nach dem Verkauf durch die Brüder Bolrat und Hertig von Knoop in den Besitz des Kieler Heiligengeisthospitals.

Niels Nikolaus Falck schreibt 1839 jedoch das Folgende:

Fresendorf, 20) das nicht mehr vorhanden ist; daß es aber prope Wyk belegen ist, sagt nicht nur Westphal, (W. III p.588.) sondern man kennt noch in Wyk auf dem heutigen Dorffelde die Gegend, wo das Dorf gestanden hat. 2

Weiterhin bezieht sich Falck auf einen Dokument aus dem Jahr 1667, in dem die zum Meierhof Kronshagen zugehörigen Dörfer aufgezählt werden. Da hier die Dörfer Kopperpahl und Fresendorf nicht mehr erwähnt werden, geht er davon aus, daß diese zu der Zeit bereits niedergelegt gewesen waren.3

Die Existenz des Dorfes dauerte nicht lange an, weil — so sagt es die mündliche Über­lieferung — sich seine Bewohner fortlaufender Plünderung durch die Heikendorfer ausgesetzt sahen. So wurde das Dorf schließlich von seinen Bewohnern wieder aufgegeben. Wieso der Name allerdings noch in den Karten zu Beginn des 20. Jahrhunderts erscheint, kann ich so nicht erklären. Vielleicht war es nur noch als eine alte Flurbezeichnung verwendet.

Kanalmündung bei Fresendorf Abb.: Die Kanalmündung bei Fresendorf vor der Kanalerweiterung 1907-14 und dem Bau der Neuen Schleusen. Man sieht, wie dicht das Wiker und das Holtenauer Ufer noch beieinander liegen.

Der südliche Teil Fresendorfs lag ungefähr an Stelle der ehemaligen Meteor­straße, d. h. an der Stelle der heutigen Grundstücke Hertha­straße 30-36.

Die Höhe, auf der das Dorf einst lag, ist zwischen 1907 und 1914 beim Erweiterungsbau des Kaiser-Wilhelm-Kanals halb durchschnitten worden. Die nördliche Hälfte sank sozusagen in den Kanal. Auf der verbliebenen südlichen Hälfte stehen jetzt hoch über dem Schleusengelände die Wohnhäuser der Meteorstraße.

Siehe auch:

© Bert Morio 2017 — Zuletzt geändert: 22-09-2017 19:39


  1. Von dem Gute Knoop am Kieler Canal wird diese Familie den Namen angenommen haben. Ausser der Gleichheit des Siegels deuten auch die Vornamen Wulf und Marquard auf die Verwandtschaft mit den Pogghewisch und van der Wisch hin. Die bekannt gewordenen Glieder derselben scheinen alle in der Umgegend von Kiel ansässig gewesen zu sein, z. B. zu Fresendorf ein Wulf 1356, und Marquard de Knoop 1434 zu Schulenhof, Mielkendorf, Molfsee. (Karl Julius Milde, C. F. Wehrmann: Siegel des Mittelalters aus den Archiven der Stadt Lübeck, Bände 5-10, 3. Heft, F. Grautoff, Lübeck 1862, S. 95.). 

  2. Falck schreibt in einer Fußnote: 20) Wahrscheinlich benannt nach einem Mitgliede der Familie Frese, die im Mittelalter in Holstein blühte, und dem Lande sogar einen Statthalter gegeben hat. (W. II p.71.) An Friesen ist hier schwerlich zu denken. (Falck, Niels Nikolaus: Staatsbürgerlches Magazin, mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, 8. Band, Schleswig 1839, S. 175.). 

  3. Falck, Niels Nikolaus: Staatsbürgerlches Magazin, mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, 8. Band, Schleswig 1839, S. 178f.