Kosakenwinteroder
Schwedenwinter1813/14
Der ungewöhnlich kalte und
schneereiche Winter 1813/14 wurde im Gebiet des Dänischen Wohldes noch lange Zeit der Schwedenwinter
– die im übrigen Schleswig-Holstein verwendete Bezeichnung ist Kosakenwinter
– genannt, denn im Zuge der Befreiungskriege gegen Napoleon
rückten auch schwedische Soldaten in den Dänischen Wohld vor,
während im übrigen Schleswig-Holstein insbesondere die russischen
Kosaken einen tiefen Eindruck hinterließen.1
Im Dezember 1813 rückten Schwedische Husaren und Jäger in Holtenau und hernach die Garde und mehrere Regimenter nach Pries und Schilksee ein, um Friedrichsort zu belagern. […] Holtenau, Pries und Schilksee sind sehr, Pries aber am übelsten mitgenommen … .
Am 7. und am 8. Dezember 1813 zogen dänische und die mit ihnen verbündeten französischen Truppen durch das Seekamper Gebiet, wobei sie Lebensmittel, Pferde und Wagen requirierten. Diesen Truppen wurden von schwedischen Jägern und Husaren verfolgt, von denen im Gutsbezirk Seekamp an die 4.000 Mann Quartier nahmen, deren Versorgung die Bewohner der Gegend in großes Elend stürzte. Dem Gut Seekamp wurden Kriegskontributionen in Höhe von 2.673 Reichstalern auferlegt, doch konnten unter größten Mühen gerade einmal 400 Reichstaler aufgebracht werden.
Abb.: Im Jahr 1813 ziehen Kosacken über die Elbe.
Der Seekamper Gutsinspektor von Bentzen berichtete über die Vorkommnisse im Dezember 1813 in einem Brief nach Kopenhagen das folgende:
Nun rückten die Schwedischen Husaren und Jäger in Holtenau und hernach die Garde und mehrere Regimenter in Prüß und Schilksee ein, um Friedrichsort zu belagern. Die Truppen vermehrten sich so, daß am 18ten Dec. gegen 4000 Mann hier im Gute Quartier hatten, wogegen die Güter, die nicht am Kanal lagen, fast gar nicht beunruhigt wurden.
Die Festung Friedrichsort wurde damals von nur 250 Soldaten verteidigt, dazu kamen Kranke und Zivilisten. Nachdem er bereits am 17. Dezember die Übergabe der Festung abgelehnt hatte, sah der Festungskommandant General Hirsch bereits nach 2 Tagen ein, daß jeder weitere Widerstand zwecklos gewesen wäre. Bis zum Friedensschluß am 14. Januar 1814 blieb die Festung in schwedischer Hand.
Gloy schreibt, daß in Kiel der Schnee bis zum ersten Stock der freilich zur damaligen Zeit noch recht niedrigeren Häuser reichte.
Im Winter 1813/14 lagen für sechs Wochen fast 8.000 Mann der vereinigten schwedischen, russischen und deutschen Truppen in der Stadt, die damals nicht mehr als 9.000 Einwohner hatte. Gleichzeitig nahm der kalte Winter kein Ende:
Zwischen Eckernförde und Kiel war der Weg oft ganz unfahrbar; wir mußten verschiedene Male von aufgebotenen Bauern durchgeschaufelt werden. Der Schnee lag an den meisten Stellen über die Knicke der Koppeln weg, und man suchte sich seinen Weg, wo man konnte. Wo geschaufelt war, stand zu beiden Seiten des Wagens eine hohe Mauer von steinharten Schnee. Ein begegnender Wagen kostete jedesmal eine halbe Stunde Aufenthalt.
Unter dem Oberbefehl des schwedischen Kronprinzen Karl Johann fiel im Dezember 1813 die alliierte Nordarmee, die aus schwedischen, preußischen und russischen Soldaten bestand, mit 34.000 Mann in die Herzogtümer ein. Von allen fremden Soldaten hinterließ die verschwindend kleine Zahl der 2.000 russischen Kosaken in der Bevölkerung den stärksten Eindruck und Schrecken, denn diese schnellen Reiter stießen bereits in den ersten Dezembertagen weit nach Norden vor.
Den alliierten Truppen standen nur 11.000 Mann dänische und schleswig-holsteinische Truppen gegenüber, während sich der Großteil der französischen Truppen in Hamburg verschanzt hatte. Die dänisch-schleswig-holsteinischen Truppen zogen sich immer weiter Richtung Norden zurück und auch Gefechte am 7. Dezember bei Bornhöved, die von beiden Seiten als siegreich bezeichnet wurden, brachten keine Veränderung der militärischen Lage.
Schließlich versuchten sich die nach Kiel geflüchteten dänischen
Truppen in die sichere Festung Rendsburg abzusetzen, doch kam es
während dieses Rückzugs am 10. Dezember zu einem
Aufeinandertreffen beider Armeen in der Schlacht von
Sehestedt
, in der die
dänisch-schleswig-holsteinischen Truppen siegten, ohne jedoch den
Vormarsch der Alliierten stoppen zu können, die schließlich weit
nach Norden bis an die Königsau vorstießen. Als einzige Festungen
leisteten neben Rendsburg noch Glückstadt und Friedrichsort Widerstand,
wobei letztere schon nach kurzer Zeit an die Alliierten übergeben
werden mußte.
Für die Bevölkerung in den Herzogtümern brachte der Krieg neben den Bitternissen der Besatzung durch eine Armee, die sich aus dem vom ihr besetzten Land versorgte, einen noch Jahrzehnte später zu spürenden wirtschaftlichen Niedergang mit sich. Die fehlenden Pferde und Wagen sowie das geschlachtete Vieh raubten den Bauern auch die Mittel zur landwirtschaftlichen Produktion, so daß zahlreiche Bauernhöfe aufgegeben wurden und sogar große Güter wie Nienhof Konkurs anmelden mußten. Gleichzeitig sorgte der englische Importstopp für Getreide und Vieh für ein Absatzkrise und einen Preisverfall, was schließlich zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung führte.
Auch nach dem Friedensschluß in Kiel (Kieler Frieden
)
vom 14. Januar 1814, der im Buchwaldschen Hof geschlossen wurde,
blieben die fremden Truppen weiter im Land. Es dauerte schließlich
bis zur Jahresmitte 1815 bis die letzten fremden Truppen aus den
Herzogtümern abgezogen waren.
© Bert Morio 2017 — Zuletzt geändert: 13-10-2017 20:01
Bereits im Jahr 1815 brach zu allem Übel der indonesische
Vulkan Tambora aus und sorgte auf dem gesamten Globus für
niedrige Temperaturen, Schneefälle im Sommer, verdorbene
Ernten und Hungersnöte. Das Jahr ohne Sommer
wurde dieses Schreckensjahr schließlich genannt. ↩