Flieger von Tsingtau
Gunther Plüschow (*1886; †1931), Seeflieger und Kommandant der Seefliegerstation in Holtenau, war der damaligen Öffentlichkeit auch als
der Flieger von Tsingtau
bekannt geworden, der sowohl durch seine
Aufklärungsflüge für die deutsche Festung in Tsingtau, der deutschen Kolonie in China, als auch
für seine spektakuläre Flucht per Flugzeug und per Dschunke über Nagasaki, Honolulu, San
Francisco und New York nach Europa für Aufsehen gesorgt hatte.
Mit einem einzigen und noch sehr einfach gebauten Flugzeug — einer
Rumpler-Taube
— unterstützte er die kleine deutsche Streitmacht. Als japanische
und britische Truppen das deutsche Schutzgebiet
angriffen, flog er über deren
Linien und notierte die dabei gewonnen Aufklärungsergebnisse auf dem mitgeführten Notizblock.
Für die damalige Kriegstechnik war dies bereits einmalig, versetzte es die Verteidiger doch in die Lage, die wenigen Granaten, die sie noch besaßen, gezielt gegen so erkannte Stellungen des Feindes zu verschießen. Noch berühmter wurde Plüschow jedoch dadurch, daß er selbst gebastelte Bomben abwarf und damit die ersten Bombeneinsätze der Kriegsgeschichte flog.
Abb.: Gunther Plüschow in Holtenau an Bord eines Wasserflugzeuges.
Als sich die endgültige Niederlage der deutschen Festung abzeichnete gelang Plüschow mit dem letzten verbliebenen Flugzeug die Flucht ins Landesinnere Chinas und schließlich nach einer mehrmonatigen Odyssee über die USA, Gibralta und England die Rückkehr auf deutsches Gebiet. Später wurde Plüschow dann Kommandant der Seefliegerstation Holtenau. Dies war insofern eine gute Wahl, wurden doch gerade in Holtenau neue Techniken für die Fliegerei entwickelt und getestet.
Abb.: Plüschow als Kommandant der Seeflugstation Holtenau mit Prinz-Heinrich im Jahr 1918.
Seine Erlebnisse hat Plüschow in einem kleinen Buch niedergeschrieben, von dem innerhalb kürzester Zeit mehrere hunderttausend Exemplare verkauft wurden. Nachdem er 1919 aus der Marine austrat, kämpfte er für eine kurze Zeit in einer Bürgerwehr und übte dann unterschiedliche Berufe aus — vom Postflieger bis hin zum Besitzer einer Autowerkstatt.
1925 machte Plüschow das Kapitänspatent auf Großer Fahrt und bereiste das Mittelmeer. Aus seiner Anstellung als Kapitän ergabt sich für Plüschow bald die Möglichkeit, im Jahr 1926 in sein Traumland Südamerika zu gelangen.
Nachdem er nach Deutschland zurückgekehrt war, hielt er Vorträge, drehte einen Film über Südamerika und erhielt durch die dadurch geknüpften Kontakte die Möglichkeit, eine eigene Expedition nach Südamerika zu finanzieren.
In den 1920 und 30er Jahren unternahm Plüschow dann mehrere Expeditionen nach Patagonien, die
ihn wiederum in die Schlagzeilen brachten. Er schrieb über seine Expeditionen die Bücher
Segelfahrt ins Wunderland
und Silberkondor über Feuerland
. Am
28.01.1931 verunglückten Plüschow und sein Mechaniker dort tödlich mit ihrem Flugzeug
Tsingtao
.
Abb.: Besuch der Kaiserin und Prinz-Heinrichs in Holtenau im Jahr 1918, in der Mitte hinten Gunther Plüschow als Kommandant der Seeflugstation.
Nach dem Seeflieger Gunther Plüschow wurde später der Plüschow-Hafen
zwischen Holtenau und Friedrichsort bei
Stegelhörn
benannt.
Abb.: Besuch der Kaiserin. Links
hinten ist der Tonnenhof zu erkennen.
© Bert Morio 2018 — Zuletzt geändert: 25-09-2018 17:43
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