Obwohl die Slawen weiter im Osten jenseits des Limes Saxoniae lebten, gründeten slawische Siedler wohl das Dorf Pries. Mehrere Ortsnamen in der Umgebung Holtenaus (z. B. Rathmanndorf) haben slawische Ursprünge. Es wird weiterhin auch vermutet,
daß es entlang der Levensau zu einer Besiedelung unter dem Einfluß
slawischer Lokatoren
1 kam,
deren Namen sich in den Ortsbezeichnungen widerspiegeln.
Dafür daß das nördlich Holtenaus gelegene Dorf Pries
wohl tatsächlich eine
slawische Gründung ist, spricht die Art und Weise, in der das Dorf angelegt wurde – als so
genannter Rundling
2,
bei dem die Gehöfte kreisförmig um den Dorfteich als Mittelpunkt herum angeordnet sind. Während
Pries
ein echtslawischer Ortsname ist, handelt es sich bei
Rathmannsdorf
um einen slawisch-deutschen Mischnamen. Auch der Dorfkern des
heutigen Kieler Stadtteils Suchsdorf hat die Form eines wendischen Rundlings.
Aufällig ist immerhin, daß die Orte mit Mischnamen alle im Bereich von Eider oder Levensau liegen. Das legt nahe, daß hier vor 1140 Slawen in Flußnähe wohnten. Am ehesten wird an kleine Gruppen verwegener Pioniere im Urwaldgebiet zu denken sein, die an Eider und Levensau stützpunktartige Niederlassungen bildeten. Solche Gruppen werden dann nach 1140 unter deutscher Herrschaft mit dem erwähnten Lokator, der vielleicht vorher ihr "Anführer" war (z. B. Marute, Zuk, Techl), ein völlig neues hochmittelalterliches Dorf gegründet haben.3
In dem Gebiet zwischen der Kieler Förde und der Trave lebte der westslawische Stamm der
Wagrier, der diesem Landesteil seinen heutigen Namen gegeben hat. Die Wagrier gründeten
Starigard
(Oldenburg) und Luibice
(Alt-Lübeck). Das Gebiet der
Wagrier wurde 1139 von den Holsten, Stormarnern und Dithmarschern erobert. Die Wagrier gehörten
zum abodritischen Bund und wurden auch „Wenden” genannt. Diese hatten sich unter ihrem Fürsten
Kruto von den Anfängen des Christentums losgesagt und ihren heidnischen Glauben wieder
angenommen.
Mit großer Brutalität waren sie bereits in Holstein und Stormarn eingefallen und hatten den Sieg gegen die Christen davon getragen. Es wird in den Chroniken von abscheulichen Gräueltaten und dem Tod vieler Christen berichtet. In ihrem großen Aufstand eroberten die Wenden auch ganz Jütland und erst im Jahr 1093 werden sie in einer mörderischen Schlacht auf der Schmilauer Heide (bei Ratzeburg) von Heinrich I. geschlagen.
Erst hiernach konnte die eigentliche Kolonisation Ostholsteins unter Graf Adolf II. von
Schauenburg (1128; +1164) beginnen, die mit der Christianisierung und Germanisierung eng
verbunden war. Der bedeutendste Missionar der Slawen war Vicelin (1090; +1154), auch
Apostel der Wagrier
genannt, der von 1149 bis zu seinem Tode Bischof von Oldenburg
war.
Daß auch in der Umgebung Kiels Siedler aus fremden Gegenden angesiedelt wurden, legt möglicherweise auch der Name des ehemaligen Dorfes Fresendorf südlich Holtenau nahe.
© Bert Morio 2016 — Zuletzt geändert: 17-07-2019 10:14
Personen, die im Auftrag der holsteinischen Grafen Menschen anheuerten, um unbesiedeltes Land zu besiedeln. Oft wurden die so gegründeten Dörfer nach diesen Lokatoren benannt. ↩
… früher vor allem in Grenzgebieten übliche Dorfform, bei der die Häuser rund um
einen Anger mit einer Zufahrt lagen; durch einen Flechtzaun konnte so das Vieh leichter vor
Raubtieren und Räubern geschützt werden.
(Giertz, Walter: Ende der Leibeigenschaft in
Holtenau, Kiel 1991, S. 18.). ↩
[Benesch 1999], S. 26f. ↩