Durch die Erweiterungsarbeiten und Veränderungen der Kurvenradien des
Kaiser-Wilhelm-Kanals entstand vor Projensdorf östlich der Levensauer
Hochbrücke die Kanalinsel. Die Wasserfläche zwischen der Insel und dem Südufer war also der
Überrest des Kanalverlaufs von 1895. Nur wenige Jahre nach Ende des Ersten
Weltkrieges im Jahr 1921 wurde von der Kieler Germaniawerft
auf der
projensdorfer Kanalinsel eine Schiffswerft errichtet, um Schleppkähne zu produzieren.
Beschreibung der neuen Flußschiffswerft auf einer Insel im Nord-Ostsee-Kanal in der Nähe der Levensauer Hochbrücke, welche im Dezember 1921 in Betrieb genommen wurde. Die Insel ist 650 m lang; es können gleichzeitig 8 Rheinschleppkähne von 1.500 bis 1.800 t Tragfähigkeit auf Stapel gesetzt werden. 2 fahrbare Kräne mit 16 m Ausladung sorgen für den Materialtransport zum Einbau. Schiffbauhalle mit Schlosserei und elektrische Zentrale mit Kompressoreinrichtung, Glühofen mit Schmiede, Holzbearbeitungswerkstatt und Magazin liegen in der Mitte der Insel, Ausrüstungsschuppen und Verwaltungsgebäude am Südufer des Kanals. Der Zugang zur Werft erfolgt über eine Brücke. Eisenbahnanschluß ist von der Holtenauer Hochbrücke geplant.1
Abb.: Die Kanalinsel bei Projensdorf vor 1945. Im Hintergrund die Prinz-Heinrich-Brücke.
Während des Zweiten Weltkriegs gab es hier ein Zwangsarbeiterlager für Sowjetbürger, das mit 400 Personen belegt war und
zu den Walter-Werken
in Tannenberg gehörte, die
kriegswichtige Komponenten für Unterseeboote und Raketenantriebe produzierten. Hier wäre es in
den letzten Kriegstagen beinahe zu einem Massaker an den
Zwangsarbeiten gekommen, das scheinbar nur dadurch verhindert wurde, daß das Lager im letzten
Augenblick durch die Alliierten befreit wurde:
Am Ende des Krieges kamen Autos ins Lager mit [unleserliches Wort, Anm. d. Übers.], alle Männer ließ man mit dem Gesicht zum Stacheldrahtzaun antreten, die Männer und Kinder ließ man sich mit dem Gesicht zur Erde auf den Boden legen, noch eine Minute und man hätte uns erschossen, aber zu diesem Zeitpunkt drangen Angloamerikaner in Autos in das Lager ein und retteten uns.
Im März 1941 morgens lief das deutsche Schlachtschiff Bismarck
östlich der
Kanalinsel auf die Südböschung und kam erst nach einer Dreiviertelstunde wieder frei, blieb dabei
jedoch ohne Schäden. Da die Bismarck nicht voll ausgerüstet war — also nicht ihren größten
Tiefgang hatte - wurde deutlich, daß der Kanal in seinem damaligen Zustand nur bedingt für eine
Passage vom Großkampfschiffen des Typs Bismarck
geeignet war (aus diesem Grund
war seitens der Marineführung bereits vor dem Krieg eine zweite Kanalerweiterung geplant, die dann durch den
Kriegsausbruch verhindert wurde).
Abb.: Die Levensauer Hochbrücke und die Kanalinsel bei Projensdorf. Man kann auf der Kanalinsel Gebäude erkennen.
Abb.: Badestelle Tannenberg 1951. Im Hintergrund die Kanalinsel und das Nordufer. [Magnussen, Friedrich (1914-1987)-(CC BY-SA 3.0 DE)]
In der Nachkriegszeit verwilderte die Insel und wurde dann von den Kielern als Badeinsel und
als verschwiegenes Örtchen benutzt. Nachdem die Insel in den Jahren 1958/59 weggebaggert wurde,
erinnert nur noch die Zufahrtsstraße Zur Kanalinsel
an die verschwundene
Insel.
Bevor er [der Nordhafen – der Verfasser] allerdings seine endgültige, heutige Gestalt bekam, zerstampften dröhnende Bagger 1959 einer der schönsten Kieler Badeanstalten. Sie lag gegenüber der ”Trauminsel” vieler Kieler am Südufer des Kanals. Die Badenden konnten zu der 150 Meter langen und 25 Meter breiten Wildnis hinüberschwimmen und untertauchen.2
Es gab an der Kanalinsel auch eine richtige Badestelle:
Tatsächlich befand sich damals dort in der Kanalbiegung eine Insel mit einem kleinen Haus drauf und einem Bootssteg. Am Ende der Straße "Zur Kanalinsel" befand sich ein Häuschen, in dem die Eintrittskarte gelöst werden musste. Dort gab es auch Eis und Süssigkeiten zu kaufen.[…] Die Badeanstalt selbst verfügte über keine weiteren Anlagen. Wir lagerten im Gras zwischen Büschen und Bäumen auf unseren Handtüchern. Am Ufer war ein Steg mit einem 1-Meter-Sprungbrett und im Wasser eine durch Bojen markierte 50-Meter-Strecke.[…] Als Mutprobe galt es, über den Kanal zum Nordufer und zurück zu schwimmen. Das ging nur außerhalb des Kanalbads, denn der Bademeister hätte es verhindert.3
© Bert Morio 2017 — Zuletzt geändert: 20-08-2022
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Diese Literaturangabe ist leider unvöllständig: WERFT - REEDEREI - HAFEN, 1922, Heft 11, Seite 356: Die Flußschiffswerft Projensdorf der Friedrich Krupp AG, Germaniawerft (Kruppsche Monatshefte, März 1922, 3. Jahrgang). ↩
Talanow, Jörg: Kiel, so wie es war 3, Düsseldorf 1980, S. 61. ↩
Fliege, Jürgen: Sprottenkiste: Sozialgeschichte einer Jugend in Kiel 1945 - 1966, AG SPAK Bücher, S. 92f. ↩