Cholerakrieg
Mit einer ganz anderen Art von
Bedrohung als die bisherigen Kriege
mußten sich die Menschen am Eiderkanal
nur anderthalb Jahrzehnte nach dem Ende der Napoleonischen Kriege
auseinandersetzen, denn nur 35 Jahre bevor bei Holtenau die Quarantäneanstalt
für die Ostsee im Voßbrook errichtet
wurde, wurde Schleswig-Holstein von der Cholera bedroht.
Abb.: Die Quarantäneanstalt am Wald Voßbrook. Vorne rechts das Ärztehaus, die spätere "Villa Bock".
Der so genannte Cholerakrieg
im Jahre 1831 ist
eng mit dem Eiderkanal als einer natürlichen Grenze/Barriere gegen
die Seuche verbunden:
Nachdem im Jahre 1817 in Indien die Cholera ausgebrochen war, erreichte sie sechs Jahre später das Mittelmeer und 1831 schließlich die Ostseeküste. Zu diesem Zeitpunkt waren der Cholera bereits 6 Millionen Menschen zum Opfer gefallen. Die dänische Regierung ergriff daraufhin Gegenmaßnahmen, indem die in Schleswig-Holstein stationierten Infanterieregimenter zum Schutz der Ostseeküste entsandt wurden. Alle Gebiete südlich der Reichsgrenze — das heißt südlich des Eiderkanals im Holsteinischen — galten als verdächtig und jeglicher Verkehr aus diesen Gebieten wurde verhindert.
Schließlich erreichte die Cholera am 8. Oktober Hamburg und
breitete sich danach auch in Holstein aus. Daraufhin wurden die
Eider und der Eiderkanal die neue Sperrlinie gegen die weitere
Ausbreitung der Seuche. Es durften keine Fähren mehr den Kanal
überqueren und jeder aus den von der Cholera betroffenen Gebieten
Einreisende wurde in besonderen Anstalten sorgfältig überprüft. So
genannte Quarantänewächter
achteten bei Schiffen
aus dem Landesteil Schleswig darauf, daß kein Kontakt mit dem
Holsteinischen Ufer stattfand. Schiffe, die den Kanal passieren
wollten, mußten in Holtenau, Rendsburg oder Tönning 2 Soldaten als
Quarantänewache
anfordern.
Ende November 1831 gingen im Holsteinischen die Cholerafälle zurück und im Schleswigschen war bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Krankheitsfall aufgetreten; die Linie am Eiderkanal hatte gehalten. Die Soldaten kehrten in ihre Kasernen zurück, nur in den Häfen, an Brücken und Schleusen bleiben noch für eine Weile Sicherheitsposten stationiert.
Die Cholera war über Jahrhunderte ein Problem und tauchte immer wieder auf. Je mehr die Stadt Kiel an die Seefahrt angebunden wurde, desto größer wurde die Gefahr eingeschleppter Seuchen. Zum Schutz der Bevölkerung wurde schließlich in Holtenau eine Quarantäneanstalt für die einlaufenden Schiffe errichtet.
Auch beim Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals machte man sich große Sorgen wegen möglicher Epidemien. Man erinnerte sich noch an die Sumpffieber-Epidemie, die beim Bau des Eiderkanals ausgebrochen war. Aus diesem Grund wurde für die Kanalarbeiter ein umfangreiches Gesundheitssystem aufgebaut. Als dann im Jahr 1892 die Cholera in Hamburg ausbrach, gab es unter den Kanalarbeitern nur drei Cholerafälle.
Cholerabarackenwurden Seuchenfälle behandelt und verdächtige Personen unter Quarantäne gestellt. Dabei handelte es sich in der Regel um Besatzungsmitglieder einlaufender Schiffe.
© Bert Morio 2018 — Zuletzt geändert: 18-11-2018 11:35