Holtenauer Geschichte

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Der Wald Voßbrook

Ein Wald auf dem hohen Ufer des heutigen Flughafengeländes, dessen nördlicher Teil im Zuge der Errichtung des Fort Holtenau abgeholzt wurde, trug ursprünglich den Namen Voßbrook. Der Name setzt sich aus den niederdeutschen Begriffen für Fuchs und Bruchwald (ein Sumpf mit Busch- oder Waldbestand) zusammen. Zu späteren Zeiten wurde damit das gesamte Gebiet des ehemaligen Waldes und seine Umgebung bezeichnet.

Voßbrook Abb.: Winter im Voßbrook. Es müßte sich um die Kate Mähl/Möhl handeln.

Der Voßbrook gehörte früher zum 1680 aufgegebenen Meierhof Holtenau, dann zum Meierhof Stift und ab 1791 zu Gut Stift. Er wurde in früheren Zeiten von den Holtenauer Bauern als Holzweide benutzt. Vom Wald Voßbrook ist die künstlich aufgeschüttete Halbinsel Voßbrook zu unterscheiden.

Der Wald Voßbrook ist ein Teil jenes Waldgürtels, der ursprünglich einmal die gesamte Kieler Förde umgab. Letzte Reste dieses Waldes mit einer Größe von 22 Hektar befinden sich noch am Rande des Holtenauer Friedhofes.

Voßbrook aus der Luft Abb.: Der Wald Voßbrook aus der Luft. Im Vordergrund links der Tonnenhof, in der Mitte die Quarantäneanstalt und rechts die Seeflugstation. Oben rechts kann man gerade noch die Wälle des Fort Holtenau erahnen. Links überhalb der Quarantäneanstalt kann man zwei Bauernhäuser erkennen. Dabei dürfte es sich um das Mählsche Waldcafé handeln. [+]

Der Wald war früher ein beliebtes Ausflugsziel für die Holtenauer und Kieler, denn hier befanden sich mehrere Gaststätten mit schönem Blick auf die Kieler Förde. Über den Eekbrook führte früher ein Weg direkt in den Wald hinein und der so genannten Jeanettenhöhe vorbei in den Norden zur direkt am Wasser liegenden Muschelkate. 1867 wurde am Strand vor dem Voßbrook die Kieler Quarantäneanstalt mit einer langen Brücke erbaut, an dem Kiel anlau-fende Schiffe ihre kranken unter Seuchenverdacht stehenden Besatzungs­mitglieder anlanden konnten.

Karte Abb.: Karte des Voßbrook von 1881. Nördlich erkennt man noch die inzwischen längst vergangene Muschelkate. Am Ort der Kate Distelrade wurde in den 1880er Jahren das Fort Holtenau errichtet. Man erkennt auch gut die verschiedenen Wege, die damals von Holtenau nach Schusterkrug führten.

Durch den Voßbrook führte früher anscheinend die so genannte Voßbrookau bevor sie auf Höhe der alten Holtenauer Schleusen in die Levensau bzw. den Eiderkanal mündete.

Im Voßbrook lebte der Waldhüter in der Kate Dill.

Der geplante Bau des Marine-Etablissements

Eine ganze Zeit lang gab es seitens Preußens die Überlegung — und auch bereits konkrete Pläne —, das neu in Kiel einzurichtende Mariene-Etablissement (= das Marine-Arsenal) auf dem Gebiet des Voßbrooks zu errichten; bis man sich schließlich dagegen entschied und nach Gaarden auswich:

Bei Holtenau sind, wie dies schon vor längerer Zeit in der Marine-Commission des Abgeordnetenhauses der Regierungscommissar, Geh. Admiralitätsrath Jacobs, hervorhob, die localen Wasserverhältnisse an sich recht günstig: auf einer Strecke von 400 Ruthen Länge beginnt die 3-Faden-Tiefe (18 Fuß Wasser) bei durchschnittlich 70 Ruthen Abstand vom Lande: ein hier angelegter Binnenhafen hätte die Rhede unmittelbar vor sich und von derselben nur einen kurzen Weg in die offene See, was namentlich wichtig ist, wenn die Föhrde mit Eis geht; auch hätten die kleinen Fahrzeuge unmittelbar von hier aus durch den Eidercanal einen Weg in die Nordsee. Andererseits liegt dieser Platz vor dem Bombardement einer aussen befindlichen Flotte durch den breiten Landvorsprung von Friedrichsort ganz gesichert; bei der grossen Breite der Förde an dieser Stelle würde gegenüber einem fliegenden Landungscorps eine Befestigung bloss des linken Ufers genügen, und die fortificatorische Sicherung derselben würde somit weniger kostspielig werden. Auch würde eine Marineetablissement an diesem Punkte weit unterhalb der Stadt den Seehandelsverkehr von Kiel weniger als an irgend einem anderen Punkte stören; und das Terrain hierfür wäre verhältnissmässig billig zu kaufen gewesen.1

Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen es auf die Holtenauer Entwicklung gehabt hätte, hätte man sich doch für Holtenau entschieden. Wäre hier die Keimzelle der Kieler Werftindustrie entstanden, wäre Holtenau im Zweiten Weltkrieg ein primäres Ziel für alliierte Luftangriffe mit all ihren Konsequenzen geworden.

Eine Beschäftigung weiterer Tausender von Arbeitern hätte es sicherlich nötig gemacht, die nie umgesetzten Pläne einer Verlängerung des Kieler Straßenbahnnetzes über den Kaiser-Wilhelm-Kanal hinaus in den Norden zu verwirklichen.

Während des Ersten Weltkriegs im Jahr 1917 wurde am Voßbrook mit dem Bau einer Ubootswerft begonnen. Als jedoch 1918 der Krieg zu ende ging, waren die Bauarbeiten noch nicht weit fortgeschritten.

Der Voßbrook in der Zwischenkriegszeit

Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte die Stadt Kiel neue Gewerbeflächen zu erschließen und Alternativen zur der durch die Jahrzehnte lange Dominanz der Marine geschaffenen Monostruktur zu entwickeln. Dabei geriet auch das Gebiet des Voßbrooks in das Blickfeld der Planer. Durch die Eingemeindung der Stadtteile nördlich des Kanals im Jahr 1922 hatte man dann Zugriff auf dieses Gelände. So hieß es im Jahr 1922:

Ein weit ausschauender Entwurf betrifft die Herrichtung eines großen Handelshafens mit Freibezirk und einem Industriegebiet auf dem Gelände der bei Voßbrook nördlich der Holtenauer Schleusen gelegenen U-Bootswerft, deren Bau im letzten Kriegsjahr in Angriff genommen, jedoch bei Kriegsende noch nicht sehr fortgeschritten war. Die gesamten Anlagen mit einem für Siedlungen sehr geeigneten ausgedehnten Hintergelände sind von der Stadt übernommen worden.

All diese Pläne scheiterten schließlich aufgrund der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre und schließlich übernahm wieder das Militär wieder das ungenutzte Gelände.

Der Voßbrook und der Z-Plan

Im Rahmen der Wiederaufrüstung nach 1933 gab es Pläne der Marineleitung zum Bau einer gigantischen Schlachtflotte. Das nie umgesetzte Projekt lief unter dem Namen "Z-Plan" und sah u. a. auch den möglichen Bau eines Flottenstützpunktes im Bereich des Voßbrooks vor.

Die Halbinsel Voßbrook

Die Halbinsel Voßbrook wurde in den Jahren 1913 bis 1914 aus dem Abraum der ersten Kanalerweiterung 1907-14 vom Wald Voßbrook aus mit einer Größe von 300 mal 400 Metern aufgeschüttet. Es wurden dort eine Flugzeughalle und eine Rollbahn für den Seeflugplatz Holtenau errichtet. Hier waren dann während des Ersten Weltkrieges die Marineflieger — damals noch Seeflieger genannt — stationiert. [mehr … ]

Weitere Bilder

Kate im Voßbrook Abb.: Kate im Voßbrook.

Kate im Voßbrook Abb.: Kate im Voßbrook.

Im Voßbrook Januar 1918 Abb.: Im Voßbrook am 13.01.1918.

Ausflugslokal im Voßbrook Abb.: Der Voßbrook war ein beliebtes Ausflugsziel für die Kieler. Hier das Mähl'sche Waldcafé.

Kate im Voßbrook Abb.: Kate im Voßbrook.

Siehe auch:

© Bert Morio 2018 — Zuletzt geändert: 29-05-2019 02:32


  1. Graser, Bernhard: Norddeutschlands Seemacht. Ihre Organisation, ihre Schiffe, etc. …, Leipzig 1870, S. 316f.