Holtenauer Geschichte

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Die Marineflieger nach 1945

Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg kam es wiederum zu einer Einstellung fast aller militärischen Aktivitäten der deutschen Marinefliegerei. Nur Seenoteinsätze wurden seitens der westlichen Siegermächte noch erlaubt. In den letzten Kriegstagen und auch in den Tagen nach der Kapitulation der Wehrmacht wurden auch weiterhin noch Einsätze geflogen um Menschen aus den Ostgebieten in Sicherheit zu bringen.

Seenotrettungsflugzeuge in Holtenau Abb.: Auch nach Kriegsende durften in Holtenau noch Seenotrettungsflüge starten.

Neubeginn der Luftfahrt

Im April 1951 genehmigten die Alliierten wieder den Segelflug in Deutschland und als im Mai 1955 auch der Motorflugsport erlaubt wurde bekam der Luftsportverein Kiel als erster deutscher Verein eine Ausbildungsgenehmigung. Im Jahr 1955 wurde auch die Bundesmarine gegründet und bereits im folgenden Jahr wurde Holtenau erneut zum Seefliegerhorst.

Der zerstörte Holtenauer Flughafen wurde 1958 wieder aufgebaut, es wurden neue Kasernen und große Flughallen für das Militär und die Zivilluftfahrt errichtet. Während des Krieges wurden drei Flugzeughallen völlig zerstört bzw. schwer beschädigt. Was noch zu gebrauchen war, wurde notdürftig gefickt und dann später durch die Bundeswehr instand gesetzt. Die Hallenvorfelder und Rollwege wurden ergänzt 1020. Bereits Mitte der 1950er Jahre gab es Pläne, das Flughafengelände in westliche Richtung zu erweitern, was jedoch am Widerstand der Gemeinde Altenholz scheiterte.

Aufstellung der ersten Marinefliegerverbände

Wie bereits in der Zwischenkriegszeit wurde der Flugplatz sowohl militärisch als auch zivil genutzt. Im Jahre 1955 wurde auch die Flughafen Gesellschaft mbH wiederbelebt und der Zivilflugbetrieb von Holtenau aus begann erneut. Die militärische Komponente wurde in den folgenden Jahren immer weiter ausgeweitet und in den folgenden Jahren immer wieder umstrukturiert bzw. umbenannt: Zum 1.4.1957 wurde die 1. Marinefliegergruppe in Kiel-Holtenau gegründet, es folgten in kurzer Zeit weitere Verbände:

Durch den Aufstellungsbefehl Nr. 77 vom 26.2.58 wurde am 1.4.1958 die 2. Marine­flieger­gruppe in Kiel-Holtenau gebildet.

Aufgrund internationaler Verpflichtungen musste die Bundesrepublik ein System zur Rettung auf Land und See (SAR = Search and Rescue) aufzubauen — bis zum Dezember 1967 befand sich in Holtenau auch die später nach Glücksburg verlegte SAR-Leitstelle. Deshalb wurde schon acht Monate nach Aufstellung der 1. Marinefliegergruppe eine eigenständige Seenotstaffel ins Leben gerufen, deren Aufbau in Holtenau am 1. Januar 1958 durch Fregat­tenkapitän Heinz Seebens begann.

Durch den Umgliederungsbefehl Nr. 1 vom 13.7.1959 wurde zum 16.07.1959 die 1. Marine­fliegergruppe zum 1. Marinefliegergeschwader (MFG 1), entsprechend die 2. Marine­fliegergruppe zum 2. Marinefliegergeschwader (MFG 2) und die Marine-Seenotstaffel in die Marine-Dienst- und Seenotgruppe umgewandelt. Am 1.10.1961 wurde die Marine-Dienst-und Seenotgruppe in das Marine-Dienst-und Seenotgeschwader umbenannt.

Ab dem 12.8.1963 wurde in Holtenau eine Hubschrauber-UBoot-Jagdstaffel mit der Bezeich­nung Marinefliegergeschwader 4 auf­gestellt. Schließlich wurde dann am 25.10.1963 das Marine-Dienst- und Seenot­geschwader in Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5) umbe­nannt.

Zur Sicherung des Flugplatzes wurde im Juli 1964 dem Geschwader eine Bodendienstverteidigungsstaffel unterstellt, die später in Marinesicherungskompanie bzw. 1. Schwere Sicherungskompanie umbenannt wurde, deren Hauptaufgabe es war, im Verteid­igungsfall Angriffe von Land als auch aus der Luft abzuwehren. Die Schwere Sicherungs­kompanie wurde Ende 1990 im Zuge des sich entschärfenden Ost-West-Konfliktes aufgelöst.

Das bis 2012 in Holtenau stationierte Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5), dessen Aufgabe unter anderem der Seenotrettungsdienst (SAR) ist, verwendete im Laufe der Jahrzehnte unterschiedlichste Flugzeugtypen wie den Hubschrauber Sea King MK 41, die Dornier 28 - Sky Servant und deren Nachfolger die Dornier 228, wobei die beiden letzteren Typen der auf dem Holtenauer Oberland stationierten 2. Staffel 1994 nach Nordholz an das inzwischen dort beheimatete MFG 3 verlegt wurden. Damit ging das nun freie Gelände mit dem 1. Mai 1995 in den Besitz der Kieler Flughafengesellschaft über.

Im April 1975 wurde mit dem Sea King MK 41 der damals modernste Hubschrauber der Welt in Dienst gestellt und ist auch heute noch in Holtenau stationiert. Bis Ende September 1975 besaß das MFG 5 auch schwimmende Einheiten in Form von 45 bis 70 Tonnen großen so genannten Flugsicherungsbooten.

Die älteren Flugsicherungsboote FL5, FL7 und FL8 waren ehemalige Hafenschutzboote und wurden 1956 in Dienst gestellt. Die drei Flugsicherungsboote FL9, FL10 und FL11 wurden Anfang September 1961 in Dienst gestellt und später dem MFG 5 unterstellt. Als einziges Geschwader der Bundeswehr verfügte das MFG 5 daher sowohl über fliegende als auch schwimmende Einheiten.

Abb.: Startendes Albatros-Wasserflugzeug.

Vielen älteren Holtenauer Mitbürgern wird sicherlich noch das Bild der auf der Förde startenden und landenden Amphibienflugzeuge vom Typ HU-16 Albatros in lebhafter Erinnerung geblieben sein, denn diese Starts und Landungen sahen nicht nur spektakulär aus, sondern verursachten dabei auch noch einen unbeschreiblichen Lärm. Im Sommer waren diese Starts von der Seebadeanstalt gut zu beobachten — und wenn der Wind dem entsprechend stand, flogen sie direkt auf die Badenden zu.

Die ersten Maschinen wurden durch einen pensionierten Colonel der US Air Force von Long Island/New York nach Holtenau überführt. Von diesen Maschinen wurden von Januar 1959 an 8 Flugzeuge seitens der Bundesmarine in Dienst gestellt, wobei 3 Maschinen als Einsatzreserve dienten. Aufgrund der steten Vergrößerung des Einsatzgebietes wurde die Anschaffung dieser Flugzeuge notwendig. Als die letzten Maschinen 1975 außer Dienst gestellt und durch dem Hubschrauber Sea King Mk 41 abgelöst wurden, hatten sie insgesamt über 15.000 Flugstunden hinter sich gebracht.

Bei der großen Sturmflut des Jahres 1976 konnten die Sea Kings des MFG-5 in über 70 Flugstunden mehr als 45 Personen aus teilweise kritischen Lagen befreien. Auch während der schweren Schneekatastrophe zur Jahreswende 1978/79 wurden die Hubschrauber des MFG-5 eingesetzt.

Neben der Seenotrettung war in späteren Jahren auch die Überwachung der Ölverschmutzung auf See eine wichtige Aufgabe der Marineflieger, wozu 1986 zwei Dornier DO 28 umgerüstet wurden. Mit Hilfe modernster Elektronik ließen sich so aus der Luft Öleinleitungen von Schiffen auf dem Meer verfolgen. 1994 wurden die Ölüberwachungsflugzeuge von Kiel-Holtenau an das MFG-3 in Nordholz verlegt.

Die Zeit nach der Wiedervereinigung und der Jahrtausendwende brachte auch für das Militär in Kiel große Veränderungen. Überall wollte man von der so genannten „Friedensdividende” profitieren, denn der Gegner im Osten, an dem man sich jahrzehntelang ausgerichtet hatte, existierte nicht mehr oder war zum Sicherheitspartner geworden bzw. erklärt worden. Als immer mehr Standorte der Bundeswehr zusammengefasst wurden, stellte sich auch die Frage nach dem Fortbestand des Standorts in Holtenau.

Die neue Struktur sah ab 2006 vor, dass die Flottille der Marineflieger in Kiel aufgelöst und die beiden verbleibenden Geschwader — die Marinefliegergeschwader 3 und 5 — direkt dem Flottenkommando unterstellt werden sollten. Mit der Außerdienststellung des Marine­hubschraubers Sea King würde dann auch das MFG 5 aufgelöst werden. Die Marin­eflieger würden dann in Nordholz konzentriert werden, wo die Aufgaben des Geschwaders mit dem MH-90 (Marinehubschrauber 90) weitergeführt werden (sollen).1

Siehe auch:

© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 23-02-2019 09:58

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  1. Der neue Marinehubschrauber (im Nato-Code auch NH90 [ext.]) gehört zu den vielen völlig aus der Kontrolle geratenen Projekten der Bundeswehr, der auch zwei Jahrzehnte nach dem Erstflug immer noch nicht voll einsatzfähig ist.