Holtenauer Geschichte

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Die Dankeskirche

Die Dankeskirche wurde in den Jahren 1896/97 auf einem freien Feld oberhalb der Kanalmündung, an dem sich früher der Meierhof Holtenau befand, durch die Baufirma Göttsch & Untiedt aus Holtenau nach Entwürfen des königlichen Regierungsbaumeisters von Winterfeld [hierzu am Ende des Textes eine Anmerkung] aus Berlin errichtet und von Prinz Heinrich eingeweiht.

Fußgänger Abb.: Die Dankeskirche von Norden aus gesehen.

Der Name der Kirche bezeugt die Dankbarkeit für das gelungene Kanalbauunternehmen — gerade im Vergleich mit dem Bau des Eiderkanals. Der Bau sollte aus den Überschüssen des Kanalbaus und Spenden der am Kanalbau beteiligten Unternehmen finanziert werden. Mehr als die Hälfte der Bausumme von 90.000 Mark wurde jedoch von Kaiser Wilhelm II. übernommen, der diesen Bau abgesegnet hatte: Aus der Privatschatulle des Kaisers flossen schließlich insgesamt 63.000 Mark in den Bau.

Abb.: Die Dankeskirche auf freiem Feld.

Anfangs scheint die Begeisterung für den geplanten Kirchenbau in der Gemeinde wohl nicht sehr groß gewesen zu sein, das legt jedenfalls die folgende Zeitungsmeldung nahe:

Schon im Sommer 1893 war von höheren Beamten des Bauamtes V, Holtenau, und von einigen größeren dort tätigen Unternehmern in Anregung gebracht worden, zum Dank für das glückliche Vollbringen des Riesenbauwerks Nord-Ostsee-Kanal eine Kirche in Holtenau zu erbauen. Dieser Plan, der auch von Se. Majestät dem Kaiser sehr gebilligt worden ist, schien aber bei der Gemeinde nicht die Aufnahme zu finden, die für das Zustandekommen wünschenswert gewesen wäre. Nun scheint es, als sollte der Plan doch noch zur Ausführung kommen. Die Anreger haben im Stillen für die Sache weitergewirkt.

Die Dankeskirche wurde wie zu damaliger Zeit für protestantische Kirchenbauten üblich im neugotischen Stil mit einem kreuzförmigen Grundriß und einem schlanken Westturm mit Spitzhelm gebaut. Der Baustil nach dem so genannten Eisenacher Regulativ von 1861 sollte in lutherischer Tradition die Kontinuität zur vorreformatorischen Kirche betonen, wobei die damals herrschende romantische Verklärung des Mittelalters und die nationale Begeisterung für einen deutschen Stil mit hinein spielten. Es entstanden so grundsätzliche Gestaltungsnormen, die es der preußischen Bauverwaltung ermöglichten, den beschlossenen Bau in kürzester Zeit in die Tat umzusetzen.

Luftaufnahme Abb.: Luftaufnahme aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Die Aufnahme macht deutlich, an welch prominenter Stelle die Kirche erbaut wurde und wie wenig — nicht zuletzt durch den Bau des Kurt-Engert-Hauses — von diesem Gedanken geblieben ist.

Da das Eisenacher Regulativ im Jahre 1891 vom Wiesbadener Programm abgelöst wurde, mag hier eventuell der Grund für die anfängliche Ablehnung des Kirchenbaus gelegen haben.

Der Standort der Kirche befand sich in der Sichtachse zum Holtenauer Leuchtturm und zum später errichteten Kaiser-Wilhelm-Denkmal und sollte den in den Kanal einlaufenden Schiffen ein Willkommensgruß sein. Erst der Bau des Kurt-Engert-Hauses zerstörte diese Sichtbeziehung endgültig.

Sowohl bei der Grundsteinlegung am 4. Oktober 1896 als auch bei der Einweihung der Dankeskirche am 3. Oktober 1897 war Prinz Heinrich als Vertreter des Kaisers anwesend. Der Name der Kirche sollte die Dankbarkeit für das gelungene Kanalbauunternehmen bezeugen und lautete wohl zu Anfang Kanal-Dankeskirche. Dies wird aus der bei der Grundsteinlegung eingemauerten Urkunde deutlich, die lautet:

In Gottes Namen Amen. Kanal-Dankeskirche ist der Name des Baues, zu welchem wir heute den Grund legen. Denn seiner Majestät, unseres allergnädigsten Kaisers Wunsch und Wille ist es, dass die Vollendung des Kaiser-Wilhelm-Kanals, dieses so ruhmreichen und hochbedeutsamen Werkes, gekrönt werden soll durch die Erbauung einer Dankeskirche an der Kanaleinfahrt zu Holtenau, damit sie ein Wahrzeichen dafür sei, dass unserm Gott Dank und Ehre gebührt, der auch diesem Werke von Menschenhand allein den Segen verliehen hat.

Da der Bau der Dankeskirche bereits zu weit fortgeschritten war, konnte die Urkunde nicht wie üblich in den Grundstein eingemauert werden, sondern fand ihren Platz im Altartisch:

Nunmehr wurde die Urkunde von dem Konstrukteur Kirchner in eine Bleikapsel getan und diese verlötet. Prinz Heinrich reichte die Kapsel dem ausführenden Baumeister von Winterfeld, der sie in die Grube des Backsteinmantels legte. Maurer Vosgerau hatte dann die Kapsel zu vermauern, wonach Prinz Heinrich den von Kreisbauinspektor eingefügten Grundstein einmauerte. Mit dem ihm gereichten Hammer tat der Prinz dann als Erster die üblichen drei Schläge ...

Am 12.11.1896 fand bereits das Richtfest statt. Der ehemals 52 Meter hohe Kirchturm, für dessen Bau es aufgrund der Nähe zum Festungsrayon des Fort Holtenau einer Sonder­genehmigung des Festungskommandanten der Festung Friedrichsort bedurfte, konnte später auch nur mit einer Sondergenehmigung der Festungsbehörde1 bestiegen werden.

Am 3.10.1897 wurde die Dankeskirche - wiederum in Anwesenheit Prinz Heinrichs - feierlich eingeweiht:

Das neue Gotteshaus war bereits gestern von Ihren Königlichen Hoheiten Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen unter Führung des Ortsgeistlichen Pastor Hellwag in allen Theilen besichtigt worden. Die prinzlichen Herrschaften hatten dabei ihrer Befriedigung über das gelungene Werk lebhaften Ausdruck gegeben.

Der Altar der Kirche wurde in Kiel von Tischlermeister Zeyn angefertigt und der Holtenauer Joachim Lucht stiftete für das Mittelfeld ein Kruzifix. Die ersten drei Glocken wurden von der Firma Hoppe aus Berlin gestiftet und die größte Glocke trug die Inschrift Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Anmerkung:

Mich erreichte zur Rolle des Regierungsbaumeisters von Winterfeld folgende eMail des Historikers Dieter Wegener:

Sehr geehrter Herr Morio, ich bin Historiker aus der Pfalz und arbeite z.Zt. an einer Monografie über der preuß. Regierungsbaumeister Ernst Ehrhardt, (1855-1944), der um 1897 der verantwortliche Planer und Baumeister für die Dankeskirche war. E. arbeitete zu dieser Zeit in Berlin im "Kgl. Ministerium der öffentlichen Arbeiten", Abteilung "Kirchenbau. Dort war er im Range der 2. Beamte, nach Friedrich Adolf, einem der bedeutendsten Architekten für Kirchenbau im Preußen. ("... der Michelangelo des norddeutschen Kirchenbaus ..."). Keinesfalls war er - und nicht der Reg.-Baumeister von Winterstein - der Baumeister für die Dankeskirche. E. wurde in dem Ministerium mit dieser Aufgabe beauftragt, Pläne mit den Unterzeichnungen der beiden genannten Beamten habe ich im Archiv Kiel eingesehen, auch wird der Name E. in div. Veröffentlichungen der Kirche genannt. Richtig ist, das Ehrhardt während der gesamten Bauteit im Ministerium beschäftigt war, zumal er - gleichzeitig mit Holtenau - eine weitere Kirche plante und baute, in Blankenese. Von Winterstein war quasi der Aufsichtsbeamte, der den Bau zu beaufsichtigen hatte, und zwar exakt nach den Plänen. Ich will wirklich von W. nicht herabsetzen, aber die Fakten sind teilweise noch nachprüfbar. Die hohe Stellung als Baumeister in einem Ministerium wird z.B. in den jährlich erschienenen Ranglisten der Reg.-Architekten Preußens aufgelistet, nach seinem Vorgesetzten Josef Hückels. Ich habe auch in zweijähriger Recherchen den Namen v. W. nirgends gefunden, er stammte aus Schlachau/Pommern.
Leider werden solche Fehler über Jahrzehnte von Buch zu Buch weitergetragen, zuletzt auch in der sehr informativen "Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland", Band 1, Landeshauptstadt Kiel, Hg.: in Verbindung mit der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte. Nun habe ich zufällig Ihre Holtenau-Info bei Prof. Google aufgeschlagen und auch gelesen, daß Sie für Hinweise wie meinem dankbar wären. Da würde es mich freuen, wenn Sie für Ehrhardt´s Ehrenrettung etwas tun könnten.

Abb.: Blick von der Dankeskirche bzw. von der Bergwirtschaft Zur Schönen Aussicht auf die südliche Kieler Förde.

Siehe auch:

© Bert Morio 2017 — Zuletzt geändert: 05-04-2021

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  1. Es wäre so möglich gewesen, in das Fort Holtenau hinein zu blicken. Zudem waren im Deutschen Reich die so genannten Rayongesetze in Kraft, die die Art und Weise der Bebauung in der Umgebung von Festungswerken regelten. Ein zweites Rayon gab es noch um die Prinz-Heinrich-Brücke herum.