Holtenauer Geschichte

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Flüchtlingslager in Holtenau

Im Gegensatz zu vielen anderen Kieler Stadtteilen war der Holtenauer Wohnraum am Ende des Zweiten Weltkriegs nur zu einem geringen Maße durch die Bombardierungen zerstört worden, so daß man hier viele Flüchtlinge in den unzerstörten Wohnungen unterbringen konnte.

Nissenhütten Abb.: Nissenhütten im Lager Knoop/Polterberg.

Neben einzelnen Unterkünften, die während des Krieges oder auch noch in der Nachkriegszeit mit Flüchtlingen belegt waren, gab es in Holtenau und seiner näheren Umgebung mehrere größere Lager für Flüchtlinge:

Lager Waffenschmiede:

Das Lager Waffenschmiede war bereits vor dem Krieg im Hinblick auf die geplante Kanalerweiterung von 1939 errichtet worden und diente während des Krieges der Unterbringung von Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen, die bei den Bauvorhaben für die Erweiterung des Kanals eingesetzt werden sollten. Bei Kriegsende bestand das Lager aus 5 Wohnbaracken mit diversen Anbauten und Schuppen, denn von den ursprünglichen 8 Baracken waren 3 durch Luftminen so schwer beschädigt worden, daß sie bis auf die Fundamente nieder brannten.

Ganz in der Nähe des Lagers direkt an der Kanalstraße (bzw. dem Friedrich-Voß-Ufer) befand sich noch eine ehemalige Wehrmachtsbaracke, die erst von der Firma Schönhofen genutzt, dann aber auch von 4 Familien bewohnt wurde.

Nachdem das Barackenlager ab Juni 1945 von der britischen Militärregierung requiriert worden war, überließ die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung das Lager ab 21. Juni 1947 der Stadt Kiel, die hier Flüchtlinge unterbringen wollte. Das Lager Waffenschmiede bestand bis zum 1. März 1956, dann wurden auf dem Gelände neue Wohnhäuser gebaut. Im Jahre 1951 lebten im Lager ca. 130 Menschen.

Lager Kanalstraße/Tiessenkai:

Das Lager Kanalstraße befand sich auf dem Gelände zwischen dem Kanalpackhaus und der Straße Am Kai (heute Tiessenkai). Während des Krieges wurde es als Wehrmachtslager genutzt (Wehrmachtslager Kanalstraße). Das Lager bestand aus 7 Wohnbaracken, sowie Abortbaracken und Schuppen; dazu kamen ein Wohnwagen und eine Nissenhütte. Zu diesem Lager wurde verwaltungsmäßig seit 1951 auch die Baracke Kanalstraße Nr. 29 gerechnet. Zur Hochzeit lebten hier über 220 Menschen, wobei es sich sowohl um ausgebombte Einheimische und Flüchtlinge als auch um angeworbene Bauarbeiter handelte. Diese Arbeitskräfte waren von großen Baufirmen aus dem Bundesgebiet zum Wiederaufbau Kiels herangezogen worden, da die Bauhandwerker vor Ort nicht ausreichten.

Das Lager bestand bis zum 20. September 1957, dann wurde es aufgelöst. Dies erschien wegen der am Kai ansässigen Firmen für Schiffsausrüstungen und -reparaturen nötig, die aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht in der Lage waren, den gestiegenen Anforderungen des nach dem Kriegsende wieder auflebenden Schiffsverkehrs gerecht zu werden.

Lager Schusterkrug:

Das Lager Schusterkrug lag an der Boelcke Straße Nr. 120 und war ursprünglich 1935 als Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD Lager) errichtet worden. Es bestand aus 3 Wohn­baracken, einer Wirtschaftsbaracke, einer Schulbaracke sowie einer Abstell- und einer Abortbaracke. Am Ende des Krieges war das Lager ein so genanntes DP-Lager (DP = Displaced Persons) und von 250 Italienern belegt (Italienerlager). 1948 begann dann die Unterbringung von Flüchtlingen. Im Lager wurden bis zu 180 Personen untergebracht.

Auch in diesem Lager wurde für die Kinder seitens der Kirchengemeinde Holtenau ein Kindergarten eingerichtet, wo auch die Gottesdienste abgehalten wurden. Die Kinder­garten­baracke ist auch heute noch erhalten und wird von der Kieler Reise­tauben­züchtervereinigung von 1912 e. V. genutzt. Das Lager wurde bis Ende September 1957 geräumt.

Lager Hoheneck:

Das Lager Hoheneck wurde in der Villa Hoheneck eingerichtet und diente von 1946 bis 1949 der Unterbringung von Flüchtlingen. Während des Krieges war das Gebäude beschlagnahmt und hier die Mannschaften der XI. Hafenschutzflottille untergebracht. Nachdem für diese eigene Baracken fertig gestellt worden waren, wurde hier eine Ballon-Abwehr-Abteilung untergebracht.

Nach Kriegsende wurde das Gelände von der britischen Militärregierung aufgrund des Gesetzes Nr. 52 der Militärregierung beschlagnahmt, denn der Eigentümer der Villa Hoheneck Papenfuß war ehemaliger SS-Sturmführer und nach dem Krieg in Neumünster interniert. Das Lager war mit bis zu 110 Personen belegt. Für die kleineren Kinder wurde ein Kindergarten eingerichtet, der von der Kirchengemeinde Holtenau betreut wurde. Das Lager wurde bereits am 30. Juni 1949 aufgelöst.

Lager Knoop:

Nahe bei Holtenau lag das Lager Knoop, das jedoch von der Gemeinde Altenholz verwaltet wurde und sich vom Polterberg bis zum Wald Verhauen Holz, d. h. dem Waldstück, das direkt an das Herrenhaus des Gutes Knoop angrenzt, erstreckte. Es zählte zur Jahreswende 1952/53 122 Bewohner. Es war nach dem Lager Dreilinden das zweitgrößte Lager in der Gemeinde Altenholz [siehe auch genauer: Lager Knoop].

Weitere Plätze:

Flüchtlinge wurden auch noch auf dem Marineschießplatz, in der Holtenauer Schule, auf dem Leuchtturmhügel und in verschieden einzeln stehenden Behausungen — z. B. am Eekbrook — untergebracht.

Lager Waffenschmiede Abb.: Das Lager Waffenschmiede.

Abriß des Lagers Waffenschmiede Abb.: Abriß des Lagers Waffenschmiede. Im Hintergrund der Hochbrückendamm.

An vielen Plätzen Holtenaus standen einzelne oder auch mehrere Baracken, in die Flüchtlinge oder Ausgebombte einquartiert wurden, so z. B.:

Baracken am Leuchtturm Abb.: Baracken am Holtenauer Leuchtturm. Rechts neben dem Leuchtturm ist noch der Sockel des 1944 abgebrochenen Kaiser-Wilhelm-Denkmals zu erkennen. [+]

Siehe auch:

© Bert Morio 2019 — Zuletzt geändert: 22-05-2020